"AS 35" - Segler für die Offene
Klasse von Alexander Schleicher
Steilvorlage für ein dynamisches
Modell mit 8 M Spannweite!
Gerade hatte
mein Fliegerfreund und Erbauer von Flugmodellen, Willi H.
(HKM-Flugzeugbau) ein dynamisches Modell des Schleicher-Rennseglers
"AS 33" mit 7,2 M Spannweite nach Plänen von mir auf den Markt
gebracht, da kündigte der Poppenhausener Segelflugzeugbauer im
Herbst 2021 auf seiner Webseite ein weiteres sehr dynamisches 20
M-Segelflugzeug für die "Offene FAI-Klasse" an, die "AS 35". Eine
Steilvorlaage für ein ebenso dynamisches Modell mit 8 M Spannweite
im Maßstab 1:2,5! Unser gemeinsamer Freund Erwin Schreiber,
Betreiber der Modellbaufirma "RC Flight Academy" und bekannt für
seine leistungsfähigen und qualitativ hochwertigen Flugmodelle, war
von diesem Segler sogleich fasziniert und bat mich um die
Konstruktion eines 8 M-Modells mit ähnlichem Leistungspotential für
Thermik und schnellen Vorflug wie wir es mit dem "AS 33"-Modell
erreicht haben, insbesondere auch mit Potential für den Einsatz bei
GPS-Bewerben.
Virtuelle
3D-Rendering-Darstellungen des wohl finalen Designs der "AS 35"
(c) der Bilder: Patrick Wenzeck,
Alexander Schleicher Segelflugzeugbau, 21.4.2022
Für das Überlassen der Bilder zu diesem Artikel ein herzliches Dankeschön!
Leider sind von
der Firma A. Schleicher keine detaillierten Zeichnungen mehr für
präzisen Modellnachbau der neueren Segler wie die "AS 35" zu
bekommen. Entweder man versucht, anhand der 3-Seitenansicht auf der Hompage der Firma
(geringe Auflösung) ein Modell mit seinen
Dimensionen dem Original möglichst getreu nachzubilden oder man
wartet, bis irgendwann die exakten Dimensionen an einem fertigen
Segler nachgemessen werden können. Da Letzteres lange dauern kann,
voraussichtlich bis Mitte 2023,
entschieden wir uns für die erstere "Semi-Scale"-Variante. Die
Konstruktion des Modells verlief zügig und Erwin konnte bereits am
Ende des Jahres 2021 mit dem Fräsen der Formen für die Einzelteile beginnen.
Aber, da hatten wir die Rechnung ohne den Wirt gemacht! Bei der in
2021 auf der Schleicher-Webseite dargestellten Grafik des Seglers
verlief die Hinterkannte der Tragfläche in ihrem Hauptteil senkrecht
zur Rumpfmittellinie. Man hätte es für einen Aprilscherz halten
können, als Anfang April 2022 ein erstes virtuelles 3D-Rendering
Bild der "AS 35" auf der Schleicher-Homepage zu sehen war. Aus diesem
konnte man ersehen, dass die Tragfläche in der endgültigen
Ausführung wohl noch eine leichte Rückpfeilung bekommen hatte. Der
änfängliche Schock war groß. Sollten die bereits fertigen, teuren
Flächenformen keinen Wert mehr haben? Nach Korrespondenz mit
befreundeten Schleicher-Mitarbeitern stellte sich heraus, dass die
Fläche tatsächlich etwas zurückgepfeilt wurde, aber hinsichtlich
unserer "Semi"-Scale-Modellversion keine großen Korrekturen außer bei
der Rumpfanformung für die Tragfläche erforderlich waren.
"AS 35" - Designaspekte
Für Modellflieger vielfach unbemerkt
hat sich in den vergangeneen Jahren für das Segelfliegen in der
"Offenen" FAI-Wettbewerbsklasse dank aerodynamischer uind
flugmechanischer Fortschritte im Segelflugzeugbau hinsichtlich des
Designs der neueren Flugzeuge und der daraus resultierenden
besseren Möglichkeiten für die Flugtaktik ein
beträchtlicher Wandel vollzogen. Wurde vor Jahren diese Flugzeugkategorie noch von Flugzeugmustern wie
SB 10, Eta, EB29, ASW 22, ASH 25,
Nimbus 3 - 4, Antares 23 ua. mit großen Flügelspannweiten von etwa 23 bis 30
M, aber eher geringer Wendigkeit, dominiert, so erlauben es neuere aerodynamische Errungenschaften kleinere Segelflugzeuge
(z.B. von Jonker) mit
hohen Leistungen im Vorflug, gutem Steigvermögen, besserer Manövrierfähigkeit sowie
einfacherem Handling zu entwickeln. Besonders auffällig sind die möglichen
hohen Flächengewichte, die schnelles Gleiten in bisher kaum
bekanntem Maße ermöglichen. Auch die Kosten und der Preis für ein
solches Fluggerät, die deutlich unter denen der früheren
"Big-Schiffe" liegen dürften, spielen für Hersteller und Käufer eine
nicht unerhebliche Rolle und werden sicher die Attraktivität der
"Offene Klasse" fördern.
Mit der "AS 35" hat Alexander
Schleicher Segelflugzeugbau ein entsprechendes
Flugzeugmuster entwickelt das vermutlich im Sommer
2023 zu seinem Erstflug starten wird. Die wichtigsten technischen
Daten dieses Seglers sind in nebensteheender Tabelle aufgelistet.
Bereits für den 18 M-Rennsegler "AS 33" wurde von den
Schleicher-Spezialisten eine neue Profilfamilie für die Tragfläche
entwickelt, die dem Flugzeug zu hervorragenden Strecken-
und Steigleistungen bis zu sehr hohem Flächengewicht verhilft. Da
war es offensichtlich wohl nur konsequent, sich das
Leistungspotential dieser Profile auch beim Traagflügel der "AS 35"
zunutze zu machen. Die geringe Fläche und die hohe Streckung des
Tragflügels erlauben offenbar ein maximales Abfluggewicht von 62
kg/m2 mit immer noch "sehr guter Steigleistung"
(Schleicher-Zitat). Das wäre einmalig in der Entwicklung von
Segelflugzeugen! Eine 21 M-Jonker JS1 schafft es z.B. "nur"
auf 58,7 kg/m2.
Neuartige Bauweisen sorgen für ein
relativ geringes Grundgewicht der "AS 35", drum hat man bei
Schleicher wohl entschieden, neben der 20 M-Variante auch ein 18
M-Muster für die Rennklasse zu bauen. Beide Muster werden wohl - dem
allgemeinen Trend folgend - überwiegend mit einem Ausklapptriebwerk
mit Wankelmotor für Eigenstart und Rückholung ausgeliefert werden.
TECHNISCHE DATEN |
Spannweite |
20 m |
Flügelfläche |
11,75 m² |
Flügelstreckung |
34 |
Min. Flächenbel. |
44 kg/m² |
Max. Flächenbel. |
62,1 kg/m² |
"AS 35-RCFA" - Modelldesign
Die vergangene Generation von
Segelflugzeugen für die Offene FAI-Klasse war meines Erachtens nicht
gerade ideal für den maßstabsgetreuen Nachbau im Modellmaßstab.
Wirklich leistungsfähige Modelle erhält man von ihnen nur, wenn der
Maßstab groß genug gewählt wird, um ausreichende Flügeltiefen, vor
allem an den Flügelenden, zu erreichen, bei denen die Umströmung der
Luft im Fluge möglichst störungsfrei verläuft. Erfahrungsgemäß ist
dies erst der Fall, wenn je nach Profilstrak die durchschnittliche
Re-Zahl für die Strömung am Flügel ungefähr Re = 200.000 beträgt.
Dies wird in der Regel erst bei einem Maßstab von etwa !:2,5 zum
Original erreicht. So manches kleinere Modell eines Großseglers der
offenen Kategorie dürfte deshalb zumindest im Langsamflug beim
Piloten Frust erzeugt haben. Baut man aber zum Beispiel eine
"Eta" im Maßstab 1:2,5, so kommt man auf eine mittlere
Flächentiefe von 0,24 m. Mit einem leistungsfähigen Profil wie dem
HQ/DS-2,25/13, einem zulässigen Gesamtgewicht von 25 Kg und
einer resultierenden maximalen Flächenbelastung von lediglich 84
g/dm2 wird die Mindestgeschwindigkewit im Langsamflug
etwa 11 m/s sein und die minimale mittlere Re-Zahl etwa Re=175.000,
und im Allgemeinen dürfte es dem Modell deshalb an Dynamik fehlen.
An den schmalen Flächenenden werden sich Strömungsverhältnisse mit
Re-Zahlen deutlich unter Re =100.000 einstellen, was dort den
Einsatz strömungsgünstiger Profile und eventuell von Turbulatoren
erfordert, damit es z.B. beim langsamen Kreisen in der Thermik oder
beim Landen nicht zum Strömungsabriss kommt. Die "Eta" ist
zwar ein extremes Beispiel, aber es zeigt sehr deutlich die
konstruktiven Schwwierigkeiten, die mit Modellen von Seglern mit großer Spannweite
hinsichtlich ihrer Leistungsfähigkeit verbunden sind.
Angesichts dieser Problematik mit
Modellen von Großseglern der offenen Klasse hat Alexander
Schleicher Segelflugzeugbau uns Modellfliegern mit der "AS
35" eine Steilvorlage für einen Scale-Nachbau geliefert, der im
Maßstab 1:2,5 bestes aerodynamisches Leistungspotential ermöglicht
und das mit Proportionen, die den Freunden großer Segler keine
Kopfschmerzen mehr bei Handling und Transport bereiten sollten. In
nachstehender Tabelle sind die wichtigsten
geometrischen Parameter des 1:2,5-Modells der "AS 35" für
RC-Flight-Academy (Erwin Schreiber) aufgeführt. Da das Modell nicht
in allen geometrischen Daten ganz exakt dem Original entspricht,
habe ich's als "AS 35 - RCFA" bezeichnet.
TECHNISCHE DATEN AS 33 - RCFA |
Spannweite |
8 m |
Flügelfläche |
1,91 m² |
mittl.
Flügeltiefe |
0,254 m |
Flügelstreckung |
34 |
Rumpflänge |
2,82 m |
Min. Flächenbel. |
8 kg/m² |
Max. Flächenbel. |
13 kg/m² |
Zum Design von Rumpf und Leitwerk
Da
der Rumpf des "AS 35"-Originals weitgehend identisch ist
mit dem des "ASH 31"-Originals, konnte ich idealerweise
auf meine Konstruktionsdaten der "ASH 31-HKM" aus dem
Jahr 2019 zurückgreifen. Dies Modell wurde für W. Helpenstein
(HKM) im Maßstab 1:2,2 zum Original entworfen und wird mit
hoher Scale-Genauigkeit von ihm in Serie gebaut. Mittels CAD
ließen sich leicht alle Rumpfdetail auf den 1:2,5-Maßstab für
die "AS 35 - RCFA" reduzieren. Die Anformung für die
Tragfläche mußte natürlich neu angepasst werden und ist für eine
2°-Einstellwinkeldifferenz von Tragflügel und Höhenleitwerk für
beste Gleitzahl im
stationären Langsamflug ausgelegt. Die
dürftigen grafischen Vorlagen der Original-"AS 35" lassen
vermuten, dass Kabinenhaube und-Rahmen des Seglers wohl
identisch mit dem der "ASH 31" sind, also wurde es dabei
belassen.
"AS 35 -RCFA",
Rumpfgrafik und Rumpfboot ohne Flächenanformung
Grafik (C): Helmut Quabeck,
4/2022, Foto (C): Erwin Schreiber, 4/2022
Nachrechnungen mit meinem
Programm "FMFM, Flugmechanik für Flugmodelle" ergab, dass
die Längsstabilität des Modells bei scale-gemäßer Größe des
Höhenleitwerks im stationären Langsamflug nur marginal
ausfallen würde. Beim Original sorgen die deutlich höhere
Fluggeschwindigkeit und die Profiltiefen des Höhenleitwerks für eine
ausreichende Längsstabilität. Da beim Modell an den HLW-Enden im
Langsamflug sich nur noch Re-Zahlen um Re=70.000 einstellen,
wurde das Höhenleitwerk optisch unauffällig leicht vergrößert
und erhielt ein Profil, bei dem es auch im Langsamflug (Starten,
Landen, Kreisen, F-Schlepp) erst spät zum Strömungsabriss kommt,
das HQ/ACRO-0/12. Somit sollte das HLW ausreichende
Effizienz in allen Fluglagen liefern!
Fotos vom Formenbau des Höhenleitweks
(c) Erwin Schreiber, 2022
Vom "ASH 31-HKM"-Modell wurde
auch eine leichte Vergrößerung des Seitenleitwerks übernommen. Wegen
der großen Streckung der "AS 35" liegen die
Masse-Mittelpunkte der Tragflächenhälften relativ weit vom
Schwerpunkt entfernt und es ist deshalb zu erwarten, dass beim
Gieren entsprechend große Seitenkräfte am SLW erfordelich sind, um
die Trägheitsmomente der Tragfläche zu kontrollieren. Wie für das
HLW gilt auch hier, dass die flugmechanische und aerodynamische
Effizienz eines scale-mäßigen SLWs beim Modell geringer wäre als beim Original.
Zum Design der Tragfläche
Das Herzstück eines jeden
Segelflugzeuges oder -Modells ist seine Tragfläche. Seine
geometrische und aerodynamische Gestaltung bestimmen mehr noch als
gutes aerodynamisches Design von Rumpf und Leitwerk über seine
potentiellen Flugleistungen. Dem versierten
Konstrukteur/Piloten von Fluggeräten wird bekannt sein, dass
insbesondere eine hohe Streckung und eine möglichst elliptische Form
des Tragflügels zur Minderung des induzierten Widerstandes, der
durch Druckausgleich hinter dem Flügel und vor allem an seinen Enden
entsteht, beitragen und somit seine aerodynamische Effizienz
steigern.
Seit
der gründlichen wissenschaftlichen Erforschung des Eiflusses von
Winglets auf Widerstand und Auftrieb der Fläche seitens Prof.
Maughmer und Mitarbeitern an der Pennsylvania State
University weiß man recht gut Bescheid über ihre bestmögliche
arodynamische und geometrische Gestaltung für einen gegebenen
Tragflügel sowie den prioritären Geschwindigkeitsbereich eines
Fluggerätes. Insbesondere im Langsamflug tragen sie bei den "Großen"
zur Reduktion des induzierten Widerstandes und zu einer leichten
Erhöhong des Gesamtauftriebes bei. Da sie eine Verwirbelung an den
Flächenenden verhindern, verläuft die Luftstömung dort wesentlich
glatter und erhöht dadurch die Wirksamkeit von Querrudern. Letzteres
vor allem hat sich auch im Modellflug als sehr vorteilhaft erwiesen.
Ob die meist sehr schmalen Winglets bei den Modellen die gewünschte
Auftriebsverbesserung und eine Verminderung des Widerstandes liefern,
bleibt zumindest fraglich.
Ein besonderes Augenmerk hinsichtlich
der Reduktion des Gesamtwiderstandes eines Segelflugzeuges ist auf den
sog. Interferenzwiderstand zwischen Rumpf und Tragfläche (ähnlch
auch bei Höhen- und Seitenleitwek) zu richten, der nicht unerheblich
sein kann. Hier wird bei den Flugmodellen häufig viel Potential
verschenkt. Die Aerodynamikexperten wie bei Alexander Schleicher
Segelflugzeugbau verfügen mittlerweile wohl über
geignete Rechenverfahren (Vortex-Panel?) mit denen der Strömungsverlauf in
diesem kritischen Bereich optimiert werden kann. Beim Flugmodellen
ist man gut beraten, wenn die Ausrundung zwischen Rumpf und Fläche
vom Flächenanfang bis zum Flächenende stetig vergrößert wird.
Dadurch wird erreicht, dass in diesem Bereich der Druck der Strömung
stets so groß ist, dass es zu keinem Rückstau mit
energieverzehrender Wirbelbildung kommt.
"AS 35 - RCFA"
Tragflügelgeometrie und Verteilung der Aftriebsbeiwerte
(c) Helmut Quabeck, 4/2022
Wie sich später als richtig
herausstellten sollte, hatte ich aufgrund mangelnder
Design-Unterlagen beim Modell der "AS 33" für HKM eine
möglichst ellipsenförmige Auftriebsverteilung durch eine passende
Aufgliederung des Tragflügels in je drei Trapeze für die Innen- und
Außenteile des Tragflügels erzielt. Beim Vergleich mit dem finalen
Design der "AS 33" zeigte sich dann eine relativ gute
Übereinstimmung zwischen Modell und Original. Da mir auch für die
Konstruktion der "AS 35 -RCFA"-Tragfläche entsprechende
Design-Unterlagen fehlen, gehe ich davon aus, dass auch der
"AS-35"-Flügel aus mehreren Trapezen, je drei beim Innen- und beim
Außenflügel, mit annähernd elliptischer Auftriebsverteilung
aufgebaut ist. Ich hoffe, dass am Ende der Vergleich der Flügel von
Modell und Original ähnlich übereinstimmend ausfällt. Die
obenstehende Grafik mit der lokalen Verteilung der Auftriebsbeiwerte
des Tragflügels zeigt, dass die gewählte Flächengeometrie zu einer
nahezu konstanten Verteilung führt. Da die Grafik für den Flügel
noch ohne Winglets erstellt wurde, fallen die
Aufttriebsbeiwerte an den Flügelenden steil gegen Null ab. Mit
Winglets ist lediglich ein Abfall auf ca/cA
= 0,8 bis 0,7 zu erwarten. Wie die exakten Berechnungen mit
meinem Programm "FMFM" unter Einbeziehung der Streckung und
der Flächenform ergaben, hat die Tragfläche eine enorm gute
Auftriebseffizienz von fast 96 %. Das heißt, der Auftriebsbeiwert der
Fläche entspricht trotz der induzierten Widerstandsverluste zu 96 %
dem des Profilstraks.
Profilstrak der "AS 35
-RCFA"-Tragfläche
(c) Helmut Quabeck, 10/2021
Bereits eingangs wurde geschildert,
dass für die"AS 33-HKM" ein Profilstrak ermittelt wurde, der
das Modell zu vorzüglichen Gleitleistungen im schnellen Vorflug und
noch wirklich guten Leistungen in der Thermik befähigt. Dafür wurden
aufwendige Leistungsanalysen mit Profilen unterschiedlicher
Kategorien, Dicke
und Wölbung durchgeführt. Fast der gleiche Profilstrak wurde nach
wiederholter Analyse jetzt auch für die "AS 35 - RCFA"
übernommen, so, wie aus obenstehender Grafik zu ersehen. Die Basis
dieses Profilstraks sind HQ/DS-Profile mit 2 % Wölbung. Die
Profildicken bewegen sich zwischen 12 % an der Flächenwurzel und 10
% am Außenflügel. Nur im lezten Außentrapez wurde zum Winglet hin
auf das bei niedrigen Re-Zahlen noch ausreichend stömungsstabile
Profil HQ/ACRO-2/10 gestrakt, um ein möglichst günstiges
Überziehverhalten des Flügels zu erzielen. Dank seiner
größeren Fläche, seiner größeren Streckung, seiner durchschnittlich
größeren Flächentiefe und seiner etwas günstigeren
Auftriebseffizienz hat die Tragfläche des "AS 35 -RCFA"-Modells bei
etwa gleicher Profilierung potentiell sicher ein höheres
Leistungvermögen als die des "AS 33-HKM"-Modells. Darüber wird
abschließend noch berichtet.
Bau der "AS 35 - RCFA"-Flächenformen
links Fräsform Flächenmitteltei,
recht Herstellung Produktionsformen
(c) Fotos: Erwin Schreiber (RC Flight
Academy), 4/2022
Aus den Auführungen über die "AS
35" auf der Website von Alexander Schleicher Segelflugzeugbau
geht mehr oder weniger direkt hervor, dass die Winglets für diesen
Segler wohl von denen der "AS 33" übernommen werden. So fügte
sich unter Freunden, dass Erwin Schreiber von Willi
Helpensteins "AS33-HKM"-Modell die Winglets für
seine "AS35-RCFA" abformen durfte.
Winglet-Design und -Urmodell der "AS
35 - RCFA"
(c) Foto: Erwin Schreiber, 4/2022
Zu den potentiellen Leistungen des
"AS 35 - RCFA"-Modells
Die dünnen Tragflügel des "AS 35 -
RCFA"-Modells werden bautechnisch einen starken Holm und eine
sehr drehsteife Schale benötigen, um sie bei den großen Biege- und
Torsionsmomenten in hoher Fahrt vor Bruch zu schützen. Überschlägig
hat Erwin S. ausgerechnet, dass das Modell dafür auf etwa 19 kg
Gewicht käme. Das entspräche dann etwa einem Flächengewicht von 100
g/dm2. An der in Deutschland erlaubten Gewichtsgrenze von
25 kg käme das Modell auf eine Flächenbelastung von ca. 130 g/dm2.
Diese Gewichtsgrenze gilt auch für Scale-Modelle, die in der
SLS-Klasse bei GPS-Triangel-Wettbewerben eingesetzt werden.
Neben den elementaren Leistungen des
Modells im stationären Flug interessieren besonders auch die Wirkung
von positiven und negativen Wölbklappenausschlägen sowie ihre
Änderung mit dem Flächengewicht. Es würde hier zu weit führen zu
erklären, wie solche Leistungsberechnungen im Detail
auszuführen sind. Nur so viel sei erwähnt, dass hierbei zu jedem
Auftriebsbeiwert des Profilstraks und zu der dem Modellgewicht entsprechenden
Re-Zahl der Gesamtwiderstands-Beiwert
aller Teile (Tragfläche, Winglets, Rumpf, HLW, SLW) und aller Art
(Profil, Rumpf, induzierte Widerstände, Interferenzen) zu ermitteln
ist. Dabei lassen sich die Profilwiderstände aus den gängigen
Analyseprogrammen bestimmen. Dies ist zwar eine sehr mühsame Arbeit,
am Ende kann man doch mit einiger Sicherheit sagen, ob das
konstruierte Modell "Hop oder Top" sein wird.
In den drei nachfolgenden Grafiken
sind für das "AS 35 - RCFA"- Modell mit 100 g/dm2
Flächenbelastung sowohl für die Normalstellung der Klappen als auch für
+/- 3° Klappen-Auschlag 1. die Gleitzahlen und Sinkraten in
Abhängigkeit vom Auftriebsbeiwert des Profistraks der Tragfläche
wiedergegeben, 2. die Gleitzahlen als Funktion der
Geschwindigkeit, 3. die Geschwindigkeitspolaren für das langsamere
stationäre Gleiten. Aus der ersten Grafik ersieht man, dass bei
neutraler Klappenstellung im Schnellflug die besten Gleitzahlen
erreicht werden und das Optimum etwa bei ca=0,75 erzielt
wird. Da sich auch das geringste Sinken im Langsamflug etwa bei
diesem Beiwert einstellt, sollte der Schwerpunkt des Modells dafür
eingestellt werden (Anleitung dazu in meinem Buch "HQ-Profile für
den Modellflug"). Mit positivem Klappenausschlag läßt sich noch
besseres Gleiten und Sinken im Langsamflug erzielen. Negative
Klappenausschläge verhelfen dem Profilstrak leider auch im
Schnellflug oberhalb 50 m/s nicht zu merklich verbesserten Gleitleistungen, wie es
auch die 2. Grafik verdeutlicht. Die Geschwindigkeitspolaren in der
3. Grafik zeigen noch mal den leichten Zugewinn beim Gleiten und
Sinken durch 3° positiven Klappenausschlag im langsamen
stationären Flug.
Zum Schluss soll nun noch der
Einfluss des Flächengewichtes auf die Flugleistungen betrachtet
werden. Dazu genügt es, exemplarisch anhand des ungwölbten
Tragflächenprofils für die Flächengewichte von 100 g/dm2
und 120 g/dm2 die Gleitzahlen und Sinkraten in
Abhängigkeit vom Auftriebsbeiwert der Flächenprofile, die
Gleitzahlen als Funktion der Geschwindigkeit und die
Geschwindigkeitpolaren für den langsameren stationären Gleitflug zu
vergleichen. Es zeigt sich, dass mit dem höheren Flächengewicht von
120 g/dm2 merklich bessere Gleitleistungen bei
gleichbleibend guter Sinkrate erzielt werden. Die beste Gleitzahl
wird dafür bei einem etwas geringerem Auftriebsbeiwert der Fläche
erreicht, wofür der Schwerpunkt um etwa 1 bis 2 mm nach hinten
verlegt werden sollte. Dieses Ergebnis dürfte insbesondere für das
GPS-Triangel-Fliegen von Interesse sein!
Ausblick
Da Erwin Schreiber zur Zeit voll
mit der Produktion seiner anderen Modelle ausgelastet ist, wird es
trotz der bisherigen großen Fortschritte beim Bau der Modellformen
wohl bis zum Frühjahr 2023 dauern, bis sein erstes Exemplar für den
Jungfernflug bereit ist. Es kann aber gut sein, und darauf setze
ich, dass sein Modell der "AS 35" eher zum Fliegen kommt als der
Prototyp des Originals. Ich kann es nur wiederholen, Alexander
Schleicher Segelflugzeugbau hat uns Modellfliegern mit diesem
Segelflugzeug ungeahnt ein großartiges Geschenk gemacht.
Helmut Quabeck im April 2022